Das Goslarer Stadtrecht

Bei dem Goslarer Stadtrecht handelt es sich um das zunächst mündlich überlieferte Recht der Stadt Goslar. Als solches regelt es juristische Fragen zum Familien- und Vermögensrecht, ebenso zu Verbrechen und gerichtlichen Verfahren. Es darf jedoch nicht als systematische Rechtssammlung verstanden werden, sondern als Zusammenstellung verschiedener Rechtsregelungen nach Bedarf. Das Goslarer Recht kann, ähnlich wie das Magdeburger Recht, als Erweiterung des Sachsenspiegels gesehen werden.

Abb. 1: Das Goslarer Stadtrecht von 1350

Die erste Verschriftlichung des Rechts erfolgte wahrscheinlich 1330 auf Beschluss des Rats der Stadt Goslar mit Zustimmung der Kaufleute, Woltwerchten (die Besitzer und Betreiber der Schmelzhütten in der Waldmark) und Gilden. Sie gründete sich auf das grundlegende, alle früheren Privilegien zusammenfassende Diplom, das Friedrich II. 1219 den Bürgern der Stadt verlieh. Vermutlich um 1350 entstand eine neue Fassung des Goslarer Stadtrechts, die das Recht an veränderte Gegebenheiten anpasste.

Das Goslarer Stadtrecht erlebt seine Hochphase im 13. und 14. Jahrhundert im Harzraum. So übernahmen Städte wie Halberstadt, Blankenburg, Wernigerode und Nordhausen unter Anpassungen das Recht fast vollständig. In weiteren 300 Fällen sind Rechtsauskünfte beim Goslarer Stadtrat nachweisbar. Städte wie Quedlinburg, Hannover und Aschersleben zählen hierzu. Mit der absteigenden wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt Goslar sank auch die Bedeutung des Goslarer Stadtrechts, sodass gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine stärkere Orientierung an Regelungen des braunschweigischen Rechtsraums einsetzte.

Abb.2: Der Huldigungssaal als Ratssitzungssaal im Goslarer Rathaus (Einrichtung: 1505–1520)

Die Verbreitung des Goslarer Stadtrechts erfolgte nicht primär mit der Übernahme des Rechts bei Städteneugründungen, sondern über Städtebünde und Beziehungen zwischen Kaufleuten und Innungen. Besonders kennzeichnend für das Goslarer Stadtrecht ist das Mitspracherecht für Kaufleute und Handwerker. In vielen Städten des Harzraums gibt es Belege für Rechtsauskünfte sowohl aus Goslar als auch Magdeburg. Es scheint, als hätten das Goslarer Stadtrecht und das Magdeburger Recht in manchen Städten parallel nebeneinander existiert oder als hätte es Mischformen zwischen beiden Stadtrechten gegeben. Ein Beispiel hierfür ist Quedlinburg.

 

Autorin: Josephine Hame

 

Literatur:

Wilhelm Ebel: Das Stadtrecht von Goslar, Göttingen 1968.

Hans Erich Feine: Der Goslarische Rat bis zum Jahre 1400, Aalen 1970.

Erich Herzog: Die ottonische Stadt: Die Anfänge der mittelalterlichen Stadtbaukunst in Deutschland, Berlin 1964.

Maik Lehmberg: Das Recht der Handwerker im Goslarer Ratskodex, in: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 139–162.

Gerhard Lingelbach: „Von erve, veltgudern, tinse, lifftucht“. Zum Erbrecht im Wernigeröder und Goslarer Stadtrecht, in: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 101–111.

Dieter Pötschke: Wernigerode im Goslarer Stadtrechtsraum. Die Stadtrechte von Goslar und Wernigerode im Vergleich, in: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 112–138.

Dieter Pötschke: Zur Ausstrahlung des Goslarer Rechts auf andere Städte. In: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 27–51.

Michael Scholz: Vom Reichsvogt zum Stadtvogt. Zur Geschichte eines Amtes und der Goslarer Gerichtsverfassung im Mittelalter, in: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 61–78.

Frank Weissenborn: Strafrecht im Goslarer Ratskodex, in: Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen, hg. v. Dieter Pötschke, Berlin 2017, S. 163–177.

 

Zitation:

Josephine Hame: Das Goslarer Stadtrecht, in: Das Magdeburger Recht. Baustein des modernen Europa, 25.09.2023, https://magdeburg-law.com/de/magdeburger-recht/?post_type=glossary&p=7924&preview=true

 

Bildnachweis:

Abb. 1: Stadtarchiv Goslar (Mit freundlichem Dank an Herrn Martin Schenk.)

Abb. 2: Website der Stadt Goslar.
Online: https://www.goslar.de/tourismus/geschichte-erleben/rund-um-den-markt/34-rathaus-und-huldigungssaal [Stand: 26.01.2023]