„Das sächsisch-magdeburgische Recht als kulturelles Bindeglied zwischen den Rechtsordnungen Ost- und Mitteleuropas“ – Projekt der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

Karte mit den Regionen des sächsisch-magdeburgischen Rechtes

Europäische Rechtskultur

Der Sachsenspiegel Eikes von Repgow (um 1225) und das Stadtrecht von Magdeburg bilden neben dem römischen und kanonischen Recht gemeinsame Grundlagen mittel- und osteuropäischer Rechtsentwicklungen.

Zeitgleich mit dem EU-Beitritt mehrerer osteuropäischer Länder im Jahr 2004 nahm das von Heiner Lück und Ernst Eichler (†) initiierte und interdisziplinär angelegte Forschungsvorhaben „Das sächsisch-magdeburgische Recht als kulturelles Bindeglied zwischen den Rechtsordnungen Ost- und Mitteleuropas“ an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig seine Arbeit auf. Es ist der Verbreitung des Sachsenspiegels und des Magdeburger Stadtrechtes in den Ländern Ostmitteleuropas unter Berücksichtigung der rechtlichen und sprachlichen Prozesse gewidmet. In dem Projekt sollen die Themen aus europäischer Perspektive herausgearbeitet werden und damit der Blick nicht nur von Deutschland und von deutschsprachigen Quellen auf das Magdeburger Recht wie auch dem Sachsenspiegel und deren Verbreitung gerichtet werden, sondern es werden auch die landessprachigen Handschriften und Drucke der jeweiligen Untersuchungsgebiete einbezogen. Unter Berücksichtigung der laufenden einschlägigen Forschungen in den genannten Ländern wird im Ergebnis die Rezeption dieses Rechtes in Ostmitteleuropa in handbuchartigen Publikationen dargestellt. Neben seiner wissenschaftlichen Ausrichtung will das Vorhaben einen Beitrag zur Hervorhebung kulturgeschichtlicher Gemeinsamkeiten in einem modernen Europa leisten.

Der zeitliche Rahmen der Untersuchungen spannt sich vom Beginn der Verbreitung des sächsisch-magdeburgischen Rechtes in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zu den Rechtskodifikationen in den Untersuchungsgebieten etwa im 18./19. Jahrhundert.

Das zu untersuchende Gebiet zieht sich entlang der westlichen Grenzen der heutigen Staaten Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und der östlichen Grenzen Litauens, Weißrusslands und der Ukraine. Die äußeren Ränder dieses hier umrissenen Gebietes sind – zumindest nach Osten und Südosten hin – noch zu bestimmen. Auch die Binnengliederung der Untersuchungsgebiete orientiert sich an heute geltenden Staatsgrenzen, wobei in Kauf genommen wird, dass diese die historischen Gegebenheiten nur ungenügend abbilden können. Die Verwaltungseinheiten und Landeszugehörigkeiten waren in dem hier zu betrachtenden Teil Europas in der fraglichen Zeit sehr wechselhaft und bieten deshalb ebenfalls keine praktikable Alternative für eine sinnvolle geographische Unterteilung. Um diesem Dilemma angemessen zu begegnen, werden innerhalb der Untersuchungsgebiete Grenzüberschreitungen eingeplant. In Polen wurden z. B. das Deutschordensland, die Einflüsse Litauens sowie Verbindungen in Richtung Ungarn berücksichtigt.

Die Abfolge der geplanten Bände folgt im Wesentlichen den Verbreitungswegen des sächsisch-magdeburgischen Rechtes, das früh schon mit den ersten Bewidmungen nach Schlesien und damit in das Staatsgebiet des heutigen Polen kam.

Der methodische Ansatz, die Analyse dieses Rechtes ausgehend von den landessprachigen Quellen der Rezipienten vorzunehmen, unterscheidet das Projekt von bislang bekannten Forschungen.

Zum Projektauftakt haben sich im Herbst 2003 Fachwissenschaftler aus den Ländern mit sächsisch-magdeburgischer Rezeptionstradition in Leipzig zu einer Tagung zusammengefunden, um den status quo der Forschungen zu bestimmen sowie weiterführende Perspektiven zu diskutieren. Hierauf aufbauend werden seither die Besonderheiten dieses Rechtstransfers untersucht.

Nach dem bereits 2008 erschienenen ersten Band, der als Einführung eine Art Bestandsaufnahme der aktuellen Forschung zum Themenkomplex der Verbreitung des sächsisch-magdeburgischen Rechtes vor Projektbeginn [1]  bot, widmet sich der zweite Projektband dem ersten und wirkungsmächtigsten Transfergebiet: Polen (2011) und der dritte Band Ungarn und Rumänien (2013). Als vierter Band erschienen unter dem Titel „Schwabenspiegel-Forschung im Donaugebiet“ im Jahr 2015 Beiträge zweier wissenschaftlicher Tagungen (2008 und 2012), die vom Lehrstuhl für Europäische Rechtsgeschichte der Universität Szeged organisiert wurden. Weitere Veröffentlichungen sind geplant zum Untersuchungsgebiet Tschechien/Slowakei, zu Weißrussland/Litauen, zur Ukraine sowie ein weiterer Band zu Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung (zur Vorschau). Alle Bände werden in der eigens gegründeten Reihe ‚Ivs saxonico-maidebvrgense in oriente‘ publiziert.

Weiterführende Informationen sowie eine Liste themenbezogener Vorträge und Publikationen finden Sie auf der Webseite des Projektes.

[1]    Siehe den Bericht von Heiner Lück in: Denkströme 1 (2008), S. 128-130 (online: http://denkstroeme.de).

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