Lübben (Spreewald) / Lubin (Błota) In Karte lokalisieren

Ort der Landtage der Niederlausitzer Stände:

Die Kreisstadt Lübben (Spreewald) liegt in der Niederlausitz und zählt zum amtlichen Siedlungsgebiet der Sorben bzw. Wenden. Sie sieht auf eine bedeutende Geschichte zurück, die man im heutigen Stadtbild kaum zu erahnen vermag. Im Laufe des 15. Jahrhunderts etablierte sich die Stadt als Hauptstadt der Niederlausitz und blieb es bis 1815. Der Großteil der Landtage der Stände wurde in Lübben abgehalten.

Verkehrsgünstig zwischen Ober- und Unterspreewald gelegen, wurde das Gebiet erstmalig vor etwa 12.000 Jahren besiedelt. Protogermanen der Lausitzer Kultur lassen sich ebenso archäologisch nachweisen wie später germanische und slawische Stämme.

Im Nienburger Bruchstück, dem um 1150/1180 angelegten Inventar des Klosters Nienburg, wird mit der urbs lubin der Burgort Lübben erstmalig erwähnt.[1]

Die Verleihung des Magdeburger Stadtrechts wird für die Jahre zwischen 1210 und 1220 angenommen, eine Urkunde ist nicht überliefert.[2] Bald darauf wurde der Sachsenspiegel durch Eike von Repgow niedergeschrieben. In der Niederlausitz wurden beide Rechte nebeneinander angewandt, sie ergänzten sich. Der Sachsenspiegel regelte u.a. Fragen zum Zusammenleben zwischen Deutschen und Slawen. In der Niederlausitz stellten letztere noch für mehrere Jahrhunderte die Mehrheit der Bevölkerung. Angewandt wurden die Rechtssätze gewiss schon vor der Niederschrift. Im Sachsenspiegel fehlten Festlegungen zu einem Stadtrecht, behandelt wurden Land- und Lehnrecht. Die Verleihung des Magdeburger Stadtrechts schloss demnach eine Lücke.

Um 1300 wechselte Lübben den Besitzer, das Kloster Nienburg gab es an das Kloster Dobrilugk (heute Doberlug-Kirchhain). Dieses wiederum reichte Stadt und Schloss (castrum et opidum Lubbyn) bereits 1329 an den sächsischen Herzog Rudolf I. weiter. Begründet durch die oft periphere Lage der Niederlausitz folgten in den anschließenden Jahrzehnten und Jahrhunderten viele weitere Herrschaftswechsel, häufig durch Verpfändungen.
Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen dem brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten Otto V. und Kaiser Karl IV., die mit dem Vertrag von Fürstenwalde am 18. August 1373 beigelegt worden sind, fiel die Stadt an den Kaiser, der sie dem Königreich Böhmen zuschlug. Bis 1422 blieben jedoch sächsische Fürsten die Stadtherren.

Durch den Übergang der Niederlausitz an die böhmische Krone etablierte sich eine Zweiteilung der Gerichte. Der Landvogt zeichnete für die Hohe Gerichtbarkeit zuständig, ein ständisches Gericht entschied zivile Streitigkeiten.

Im Jahr 1402 wird erstmals ein Richter für Lübben erwähnt. Seine Kompetenzen sind nicht näher benannt. In den ersten Jahrzehnten entschied er in Streitfällen zu familienrechtlichen Fragen wie Zahlungsverpflichtungen und Erbangelegenheiten. Im Fall eines Totschlags (1429) entschieden Bürgermeister und Rat von Lübben auf die Zahlung eines Wergeldes ohne Leibstrafe.

Ab 1461 sind Sitzungstage eines Gerichts, bestehend aus einem Stadtrichter und einem sitzenden Rat, überliefert. Getagt wurde zu Ostern und Weihnachten.

Später regierten Landvögte über Lübben, die die Pfandherrschaft über die Stadt vom böhmischen König erhalten hatten.

Im 15. Jahrhundert entwickelte sich Lübben zu einer landesherrlichen Stadt. Am 18. Oktober 1448 wurde die Stadt Lübben durch den brandenburgischen Markgrafen Friedrich II. Eisenzahn eingenommen und die Landvögte wurden mit 10.000 Rheinischen Gulden nur schlecht entschädigt.


Abb. 1: Die Besetzung der Stadt romantisierend in einem Gemälde im Lübbener Wappensaal von August Oettken

Nur 14 Jahre später, ab 1462 war Lübben wieder böhmisch und fiel somit 1526 an die Habsburger. Der böhmische König stellte 1463 die Deutschen und Sorben rechtlich gleich.

Im Jahr 1538 erhielt das ständische Gericht eine eigene Landgerichtsordnung, angesiedelt war es zwischen dem städtischen Schöffenstuhl und dem Landvogt. 1549 erwarb die Stadt Lübben das „Freie Gericht“, so wurde der durch den Landesherrn ausgewählte Stadtrichter durch den obersten Bürgermeister ersetzt und durch jährliche Wahl bestätigt.[3]

1598 bestätigte Kaiser Rudolf II. Lübben das Indigenat und Präsentationsrecht, Landvogt durften nur noch in der Niederlausitz geborene Männer werden, die von den Ständen dem Kaiser für das Amt vorgeschlagen worden waren.

1665/1666 wurde die Gerichtsbarkeit erneut umgestaltet. Christian I. von Sachsen-Merseburg, Erbauer des Lübbener Schlosses in seiner heutigen Form, setzte ein Regierungskollegium ein, das aus dem Oberamtspräsidenten und vier Oberamtsräten bestand. Auch bei der Vergabe dieser Ämter waren Indigenat und Präsentationsrecht noch bestimmend. Im gleichen Zuge wurde der Stadtrat verkleinert um eine höhere Besoldung zu sichern.

1623/1635 wurde die Lausitz sächsisch und sollte es bis 1815 bleiben. Die Bestimmungen des Wiener Kongresses schlugen das Markgraftum Niederlausitz und ihre Hauptstadt Lübben Preußen bzw. dessen Provinz Brandenburg zu. Mit dieser Entscheidung verlor Lübben seine herausragende Bedeutung als Hauptstadt innerhalb der Region, Kompetenzen mussten an Frankfurt/Oder und Berlin abgegeben werden.

Bis 1815 hatte der Landvogt der Niederlausitz seinen Sitz in Lübben, wo die Mehrzahl der Landtage der Niederlausitzer Stände abgehalten worden sind. In Lübben bestehen noch einige der ehemaligen Versammlungsorte der Stände, so der Wehrturm, der heute zum städtischen Museum gehört sowie in direkter Nähe das heutige Landratsamt, in dem der Kreistag des Landes Dahme-Spreewald tagt.
Die Stände konnten sich trotz der Angliederung an Preußen noch für lange Zeit besondere Rechte bewahren – oder versuchten es zumindest. Dies fand sogar Erwähnung in der Berliner Morgenpost. Unter der Überschrift „Noch ein Stück Mittelalter in Preußen“ berichtete die Zeitung, dass sich in der Lausitz Ständemitglieder trafen und an verschiedenen Tafeln Platz nahmen. Genannt werden eine Herrentafel, eine Rittertafel und eine Städtetafel, versehen mit dem Hinweis, dies passe nicht in eine moderne Demokratie.

Fragen zur Auflösung des kommunalständischen Verbandes ruhten während des Zweiten Weltkriegs, nach Kriegsende gab es keine Bemühungen den Verband neu zu beleben.

Autorin: Marianne Wenzel

Anmerkungen:

[1] Vgl. Gertraud Eva Schrage: Die Niederlausitzer Besitzungen des Klosters Nienburg an der Saale. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Siedlungsgeschichte, in: Struktur und Wandel im Früh- und Hochmittelalter. Eine Bestandsaufnahme aktueller Forschungen zur Germania Slavica (= Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 5), hg. v. Christian Lübke, Stuttgart 1998, 241–255, S. 249.

[2] Klaus Neitmann, Kathrin Schröder u. Kärstin Weihrauch: „Ist Zierde des Landes gewest“. Lübben (Spreewald) im Spiegel archivalischer Quellen, Berlin 2006, S. 28.

[3] Ebd., S. 173.

 

Zitation:

Marianne Wenzel: Lübben (Spreewald) / Lubin (Błota). Ort der Landtage der Niederlausitzer Stände, in: Das Magdeburger Recht. Baustein des modernen Europa, 23.07.2021, https://magdeburg-law.com/de/magdeburger-recht/historische-staedte/lübben-spreewald/

Bildnachweis:

Abb.1: Stadt- und Regionalmuseum Lübben