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Geplanter Marktort magdeburgischer Prägung:

Die an der Elbe gelegene Stadt Aken gehört sicher nicht zu den bekanntesten Rechtsstädten magdeburgischer Prägung, dennoch ist sie ein recht frühes Beispiel für die daraus folgenden typischen Entwicklungen innerhalb der städtischen Verfassung, der im Folgenden nachgegangen werden soll.

Die städtische Entwicklung Akens ist eng mit der ehemaligen und nahegelegenen Slawenburg Glewerp verbunden, die von den im Harzraum begüterten Askaniern seit dem 12. Jahrhundert zur Sicherung neu erschlossener Gebiete genutzt wurde.[1] Von hier überwachte man zudem einen wichtigen Elbübergang. Im Jahr 1212 fiel die Burg in die Hand eines Enkels Albrechts des Bären (reg. 1123–1170), der ebenfalls Albrecht (reg. 1212–1261) hieß und dem Wittenberger Familienzweig angehörte. Vermutlich ließ dieser Fürst in Anknüpfung an eine ältere slawische Siedlung die Stadt Aken gründen und in gezielter Weise ausbauen. So kennzeichnet die Stadt bis heute ein systematischer Grundriss, dessen Ausgang einst ein beim Markt und Rathaus gebildetes Straßenkreuz markierte. Die zwischen Dessau und Magdeburg parallel zur Elbe verlaufende Straße stieß hier auf den aus Köthen kommenden und weiter nach Zerbst über die Elbe führenden Weg. Von diesem zweigten die mittelalterlichen Stadtplaner in regelmäßigem Abstand nach links und rechts mehrere Querstraßen ab, so dass ein quadratisches Muster entstand (Abb.1).

Umgebungsplan von Aken, 1720/21 aus: Johann Heinrich Haevecker, Chronica und Beschreibung der Staedte Calbe, Aken und Wantzleben.Abb. 1: Umgebungsplan von Aken, 1720/21 aus: Johann Heinrich Haevecker, Chronica und Beschreibung der Staedte Calbe, Aken und Wantzleben

Erst unter den Söhnen Albrechts wird in Aken 1265 ein Kaufhaus urkundlich genannt, das zugleich als Rathaus diente.[2] Ein Jahr später findet der Markplatz Erwähnung. Zudem sind für das Jahr 1266 erstmals Schultheiß und Schöffen nachgewiesen. Über deren Tätigkeit innerhalb des noch jungen städtischen Gemeinwesens informiert ein heute noch in Fragmenten erhaltenes Schöffenbuch der Stadt Aken, dessen Aufzeichnungen bis in das Jahr 1265 zurückgehen und damit zu den frühesten derartigen Quellen aus dem Verbreitungsgebiet des Magdeburger Rechts zählen.[3] Dieses Werk gehört zu den wenigen überlieferten mittelalterlichen Quellen zur Stadtgeschichte, da das komplette Ratsarchiv 1485 einem Stadtbrand zum Opfer fiel. Das Schöffenbuch belegt anschaulich die Organisation der städtischen Herrschaft nach dem Vorbild des Magdeburger Rechts, indem es neben dem Rat ebenso ein Schöffenkollegium bezeugt. Am Schöffenbuch arbeiteten verschiedene Schreiber, wie man anhand dort dokumentierter Handschriften erkennen kann, die von verschiedenen Personen stammen. Die Aufzeichnungen berichten vor allem über erbliche Reglungen, anhand derer man wie für das Magdeburger Recht üblich, erkennen kann, dass auch Frauen Besitz, Einkünfte und weitere Rechte erben konnten. Das Schöffenbuch hält zudem die Namen wichtiger Personen und Amtsträger der Stadt Akten fest. Beispielsweise nennt es mit Bruno (1268), Heideke (1273) und Heinrich (1295) die Namen der ersten Schöffen, die damit unzweifelhaft an der Spitze der kommunalen Gemeinschaft standen. 1271 fällt in Bezug auf Aken erstmals der Begriff Stadt (civitas).[4] Das Vorhandensein von Ratsherren ist schließlich 1288 erstmals belegt, obwohl sie bereits zuvor existiert haben dürften. Damit etablierte sich im Verlauf des 13. Jahrhunderts in Aken ein typisches bürgerliches Gemeinwesen, dass sich an den Gewohnheiten des Magdeburger Rechts orientierte.

Abb. 2: Rathaus der Stadt Aken, erbaut nach einem Stadtbrand 1485, im Mittelalter auch als Kaufhaus genutzt (Foto Sascha Bütow)

Zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert förderten die sächsischen Herzöge die Prosperität der Stadt Aken. Ein probates Mittel dazu war der Stapelzwang, der vorbeiziehende Händler nötigte, ihre Waren in Aken niederzulegen und den hiesigen Einwohnern zum Verkauf anzubieten. Diese Bestimmung galt sowohl für den Land- wie auch den Wasserweg. Wann Aken dieses Recht erhielt, ist unklar. Vergleiche mit anderen Städten legen aber nahe, dass dies bereits im 13. Jahrhundert geschehen sein könnte. Während dieser Zeit besaß die Elbe eine wichtige Rolle als hansische Verkehrsader. Auf ihr wurde insbesondere Getreide in Richtung Hamburg transportiert. Zudem verschiffte man verschiedene v.a. aus Böhmen stammende Waren wie Sand, Steine und Holz, die über Aken weiter nach Magdeburg gebracht wurden.[5]

Nicht zuletzt daraus entwickelte sich in Aken selbst ein reges Marktleben, an dem verschiedene Gewerke mitwirkten. Fleischer besaßen Verkaufsbuden, die s.g. Scharren, die direkt bei der Marienkirche standen. Hinzu kamen Schuster, die eine 1268 erstmals belegte Schuhhalle besaßen. Tuchmacher und Schneider präsentierten ihre Waren vermutlich im Rathaus, wo sich eigens dafür eingerichtete Verkaufsräume befunden haben dürften. Das in Aken hergestellte Tuch erfreute sich auch über die Stadtgrenzen hinaus der Verbreitung. So ist aufgrund eines Statuts von 1321 bekannt, dass Zerbster Schneider in Aken gefertigtes Tuch weiterverarbeiten.[6] Um in Aken handeln zu dürfen, musste ein Zoll entrichtete werden, der hier schon 1230 nachgewiesen ist. Dieser gehörte den Herzögen von Sachsen und bescherte ihnen bedeutende Einnahmen. Mit den in Aken aufgebauten Handelsbeziehungen fügte sich die Stadt in das europäische Verkehrswegenetz ein, wie es die berühmte in Nürnberg gefertigte Straßenkarte des Erhard Etzlaub (um 1460–1532) aus dem Jahr 1501 veranschaulicht. Viele Fernhändler dürften den Ort gekannt haben, da sie ihn Dank der hier vorhandenen Fähre zur Umgehung anderer Zollstätten wie etwa Magdeburg oder Wittenberg nutzen konnten.

Die Aufsicht über den Markt und die Kontrolle über den Gebrauch korrekter Maße und Gewichte oblag ebenso wie die Organisation des gesamten innerstädtischen Lebens dem Rat der Stadt Aken. Das damit verbundene Ziel war in erster Linie die Gewährleistung des Friedens und des Gemeinwohls innerhalb der Stadt. Aus diesem Anspruch heraus formulierten Akener Ratsherren verschiedene Rechtsgrundsätze, die das kommunale Zusammenleben betrafen und um 1520 erstmals in Form einer Willkür zusammengefasst vorliegen.[7] Als ein beeindruckendes Beispiel ratsherrlichen Handelns enthält diese Quelle nicht nur eine Reihe von Ge- und Verboten, sondern auch Angaben darüber, welche Strafen drohten, wenn diese nicht eingehalten wurden. Der Magdeburger Erzbischof als Stadtherr Akens behielt sich jedoch die Bestätigung der vom Rat erlassenen Reglungen vor.

Das Akener Bürgertum konnte im späten Mittelalter einen ansehnlichen Reichtum erzielen, der sich bis hin zu einzelnen Personen zeigt. Der aus Aken stammende Claus Strynne z.B. erwarb 1392 anteilige Rechte an einer in der Nähe gelegenen Holzmark namens Goldberg mit Fischerei- und Wiesenrechten.[8] Einen nicht geringen Teil des auf diese Weise erwirtschafteten Vermögens stifteten die Bürger den Akener Gotteshäusern, um damit ihr eigenes Seelenheil zu fördern. Dies betraf in erster Linie die St. Marienkirche, der man z.B. kirchliche Gebrauchsgegenstände, Zinsen oder ganze Grundstücke überschrieb. Ähnliches galt für die Maria-Magdalena-Kirche, die sich auf dem Gebiet der älteren slawischen Siedlung befand und 1542 wegen Hochwasserschäden abgetragen werden musste.

Weiter südlich in der Stadt errichteten die Akener Bürger eine weitere Pfarrkirche, die 1265 erstmals erwähnt und dem Heiligen Nikolaus geweiht wurde. Herzog Johann I. von Sachsen (reg. 1268–1285) allerdings wandelte dieses Gotteshaus 1270 in ein Stift um, in das sechs Stiftsherren einzogen.[9] Ihre Aufgabe bestand darin, Gottesdienste abzuhalten, das Totengedenken zu pflegen und ein vorbildliches christliches Leben zu führen. Die Stiftsherren verfügten über zehn Häuser, in denen sie und ihre Gäste wohnten. Das Areal wurde von den Bürgern Akens despektierlich „Pfaffenhof“ genannt, denn die Stiftsherren standen aufgrund ihrer Sonderrechte häufig in der Kritik. Das Nikolaistift musste z.B. keine städtischen Lasten tragen, woraufhin immer wieder Proteste laut wurden. Der Landesherr vermittelte 1288 einen Kompromiss, mit dem sich die Stiftsherren bereiterklärten, zwei Pfund Groschen für die Bestellung der Stadtwachen beizutragen und zehn Silbermark für den Bau des Köthener Tores zu bezahlen.[10] Mit dieser gegen das Stift gerichteten Haltung entsprachen die Akener Ratsherren einer typischen Denkweise innerhalb mittelalterlicher Stadtpolitik. Demnach herrschte vielerorts das Bestreben, geistliche Gemeinschaften an den kommunalen Aufwendungen zu beteiligen und setzte demnach das Gemeinwohl über etwaige Immunitäten und geistliche Sonderrechte. Diese Auffassung darf jedoch nicht mit mangelnder Frömmigkeit unter der Bürgerschaft Akens gleichgesetzt werden. Gegenteiliges ist im spätmittelalterlichen Aken zu beobachten.

Bis heute haben sich Spuren der mittelalterlichen Entwicklung im historischen Stadtkern erhalten, obgleich gerade das das 14. Jahrhundert spürbare Veränderungen mit sich brachte. Der Akener Rat veranlasste während dieser Zeit eine neue Stadtumwehrung, die Palisaden aus Holz durch eine 1335 erstmals erwähnte Steinmauer ersetzte. Zuvor ließ man Tore und Türme bauen, von denen sich bis heute das Burgtorturm, der Dessauer sowie der bereits erwähnte Köthener Turm erhalten haben. Diese städtischen Befestigungen hingen stark mit dem Konflikt zwischen den Herzögen von Sachsen und den Erzbischöfen von Magdeburg zusammen. Beide Parteien beanspruchten den Besitz Akens und führten kriegerische Auseinandersetzungen um die Stadt, in denen die Burg Gloworp zerstört wurde.[11] Erst 1392 erfolgte ein neuer eher schlossartiger Bau durch Erzbischof Albrecht von Magdeburg (reg. 1383–1403). Mit dem Magdeburger Stadtherrn wandelte sich ebenfalls das Akener Wappen. Der schon seit dem Mittelalter genutzte Kopf wurde immer öfter dem Heiligen Mauritius zugeordnet und ebenso erhielt eine Bischofsfigur einen Platz in der Mitte des Wappenbildes, wie es noch heute verwendet wird.

Autor: Sascha Bütow

Anmerkungen:

[1] Zum herrschaftlichen Ausgriff der Askanier im Gebiet um Aken und darüber hinaus vgl. Lutz Partenheimer: Albrecht der Bär. Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt. 2. Aufl. Köln/Weimar/Wien 2003, S. 30 u. 38.

[2] Ernst Neubauer: Die Schöffenbücher der Stadt Aken, in: Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg 30 (1895), S. 251–328, hier S. 253, Nr. 17.

[3] Magdeburg, Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Cop. Nr. 405a.

[4] Berent Schwieneköper: Aken, in: Handbuch der historischen Stätten, Bd. 11, Provinz Sachsen-Anhalt, hg. v. Berent Schwineköper, 2. Aufl., Stuttgart 1987, S. 2–4, hier S. 3.

[5] Ortwin Pelec: Die Elbe. Handelsweg vom 13. bis 17. Jahrhundert, in: Alles im Fluss. Menschen, Waren, Häfen auf den Wasserwegen vom Rhein bis zur Weichsel, hg. v. Rudolf Holbach u. Stephan Selzer, Wismar 2020, S. 105–124, hier S. 110.

[6] Bezeichnet als „Akens want“, siehe Codex Diplomaticus Anhaltinus, Bd. 3, 1301–1350, hg. v. Otto v. Heinemann, Dessau 1877, S. 268–270, Nr. 409, hier S. 269.

[7] Wilhelm Zahn: Willkür der Stadt Aken, in: Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg 18 (1883), S. 196–199.

[8] Gustav Hertel (Bearb.): Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, Bd. 1, Bis 1403. Halle (Saale) 1892, S. 438, Nr. 709.

[9] Wilhelm Zahn: Die Stiftskirche St. Nicolai in Aken an der Elbe, in: Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg 19 (1884), S. 47–79, 141–162, 266–293.

[10] Friedrich Gottfried Carl Pfeffer: Chronik der Stadt Aken an der Elbe, Zerbst 1821, S. 20 f.

[11] Otto Georges: Geschichte der Stadt Aken an der Elbe, Köthen 1908, S. 13 f.

 

Zitation:

Sascha Bütow: Aken. Geplanter Marktort magdeburgischer Prägung, in: Das Magdeburger Recht. Baustein des modernen Europa, 18.06.2020, https://magdeburg-law.com/de/magdeburger-recht/historische-staedte/aken/